Als Elternteil hat man oft das Gefühl, einem nie enden wollenden Wettbewerb beizuwohnen – ein Wettlauf darum, wer die perfekte Lunchbox packt, das befriedigendste Geburtstagsfest schmeißt oder die besten Fördermaßnahmen für die Kleinen entdeckt. In den sozialen Medien wimmelt es nur so von scheinbar mühelosen Erfolgsgeschichten makelloser Elternerlebnisse. Doch sind diese Bilder, die wir sehen, wirklich die Realität oder bloß sorgfältig kuratierte Momente?
Der Druck, alles richtig zu machen, kann erdrückend sein. Vielleicht kennst du auch dieses nagende Gefühl, dass du ständig zu kurz kommst oder nicht genug bist, egal wie sehr du dich bemühst. Die Wahrheit ist jedoch, dass selbst die Eltern, die scheinbar alles im Griff haben, ebenfalls ihre Kämpfe ausfechten – auch wenn man davon selten etwas sieht.
Den Perfektionismus verstehen
Perfektionismus gehört zu jenen heimlichen Übeltätern, die sich an uns heranschleichen und uns in ein Netz unrealistischer Erwartungen verstricken. Als Mutter oder Vater bedeutet das oft, die Messlatte für sich selbst unermüdlich hoch anzusetzen: Das Haus muss stets ordentlich sein, die Kinder sollten immer wohl erzogen auftreten, und du selbst sollst natürlich die strahlende Ruhe in Person bleiben.
Doch was passiert, wenn wir diesen Perfektionismus ohne Kritik betrachten? Oft ist er eine Maske für tiefere Unsicherheiten und Ängste – die Angst, nicht gut genug zu sein, nicht alles im Griff zu haben oder sogar die Kinder im Stich zu lassen. Aber was wäre, wenn wir uns erlauben, menschlich, authentisch und fehlerbehaftet zu sein?
Loslassen und Gelassenheit finden
Der erste Schritt zur Überwindung des Perfektionismus ist es, loszulassen. Es ist in Ordnung, Aufgaben abzugeben oder auch mal „Nein“ zu sagen, um mehr Raum für das wirklich Wichtige zu schaffen – gemeinsames Lachen, spontane Ausflüge oder ehrliche Gespräche. Wenn der Kuchen beim Kindergeburtstag nicht selbst gebacken ist, wird die Welt nicht untergehen. Und wenn das Buch abends mal nicht vorgelesen wird, wissen deine Kinder trotzdem, dass sie geliebt sind.
Ein Schlüssel zur Überwindung des Perfektionismus ist, sich regelmäßig Pausen und Momente der Selbstfürsorge zu gönnen. Egal, ob es fünf Minuten für einen warmen Tee sind oder ein bewusster Atemzug am offenen Fenster, solche Momente sind entscheidend. Denn in diesen kleinen Augenblicken des Innehaltens liegt die Kraft, die Einbahnstraße der Perfektion zu verlassen und einen angenehmeren Weg einzuschlagen.
Weitere Tipps, um loszulassen und Gelassenheit zu finden
- Setze Prioritäten neu
Mache dir bewusst, welche Aktivitäten und Aufgaben wirklich wichtig sind und welche lediglich aus Gewohnheit erledigt werden. Frage dich bei jeder Aufgabe: Trägt sie zu meinem Wohlbefinden oder zu dem meiner Familie bei? Wenn die Antwort „Nein“ ist, ist es in Ordnung, sie fallen zu lassen oder jemand anderem zu überlassen. - Delegieren und Hilfe annehmen
Es ist keine Schwäche, Aufgaben an andere zu delegieren. Im Gegenteil, es zeigt Stärke und Vertrauen in dein Umfeld. Ob es sich um die Hausarbeit, das Abholen der Kinder oder die Vorbereitung von Geburtstagsfeiern handelt – andere mit einzubeziehen, entlastet dich und gibt dir Raum, dich auf das Wesentliche zu konzentrieren. - Den Perfektionismus in kleinen Schritten loslassen
Fange klein an: Lass an einem Tag den Abwasch liegen oder akzeptiere, dass die Wäsche nicht perfekt gefaltet ist. Diese kleinen „Unvollkommenheiten“ helfen dir, nach und nach loszulassen und dich daran zu gewöhnen, dass die Welt nicht zusammenbricht, wenn nicht alles perfekt ist. - Rituale der Entspannung einführen
Baue kleine Rituale in deinen Alltag ein, die dir helfen, abzuschalten – sei es ein täglicher Spaziergang, ein paar Minuten Meditation oder ein entspannendes Bad. Solche regelmäßigen Pausen sind essenziell, um den ständigen Druck zu mindern und einen klaren Kopf zu bewahren. - Achtsamkeit üben
Achtsamkeit bedeutet, den Moment voll und ganz zu erleben, ohne ihn zu bewerten. Wenn du Zeit mit deinen Kindern verbringst, konzentriere dich bewusst auf diese gemeinsamen Augenblicke, statt über die nächste Aufgabe nachzudenken. Diese Präsenz hilft dir, Stress abzubauen und die kleinen Freuden des Alltags zu schätzen. - „Gut genug“ als neues Mantra
Es muss nicht immer perfekt sein – oft ist „gut genug“ vollkommen ausreichend. Erinnere dich daran, dass es wichtiger ist, für deine Familie da zu sein, als alles bis ins Detail richtig zu machen. Akzeptiere, dass Fehler und kleine Makel zum Leben dazugehören und sie dich nicht weniger liebenswert machen. - Vergleiche vermeiden
Hör auf, dich ständig mit anderen zu vergleichen – sei es mit anderen Eltern, Influencern oder den „Supermüttern“ aus dem Freundeskreis. Jeder hat seine eigenen Herausforderungen und Wege, mit ihnen umzugehen. Fokussiere dich auf deinen persönlichen Weg und darauf, was für dich und deine Familie am besten funktioniert. - Dankbarkeit praktizieren
Lenke deinen Fokus auf das, was bereits gut läuft, und schätze die kleinen Erfolge des Alltags. Durch das tägliche Notieren von Dingen, für die du dankbar bist, verschiebst du deine Aufmerksamkeit von den Unzulänglichkeiten hin zu den positiven Aspekten deines Lebens. - Grenzen setzen
Erlaube dir, deine eigenen Grenzen zu respektieren und auch mal „Nein“ zu sagen. Ob es um zusätzliche Verpflichtungen, Treffen oder Projekte geht – setze klare Grenzen, um dich nicht zu überlasten. So schaffst du Freiräume, die dir und deiner Familie zugutekommen. - Die Perspektive wechseln
Manchmal hilft es, Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Frage dich: Werden die Kinder in zehn Jahren noch wissen, ob der Geburtstagskuchen selbst gebacken war oder ob die Wohnung immer blitzblank war? Wahrscheinlich nicht. Was bleibt, sind die gemeinsamen Momente und die Erinnerungen an eine liebevolle Kindheit.
Deine unperfekte, perfekte Reise
Dein Elterndasein ist einzigartig. Es besteht aus Höhen und Tiefen, chaotischen Momenten und wunderschönen Erinnerungen. Sich selbst zu erlauben, nicht perfekt, sondern echt zu sein, ist ein großer Schritt zu mehr Zufriedenheit. Wenn du Verständnis und Nachsicht gegenüber dir selbst entwickelst, schaffst du eine liebevolle Umgebung, die auch deinen Kindern zeigt, dass Fehler in Ordnung sind und dass wahres Glück oft in den unperfekten Momenten des Lebens liegt.
Letztendlich besteht das Elterndasein nicht darin, eine Liste der Vollkommenheit abzuarbeiten, sondern in den unbezahlbaren, echten Augenblicken, die wir mit unseren Kindern teilen – in all ihrer herrlichen Unvollkommenheit. Also nimm dir die Zeit, deinen Kaffee warm zu trinken, und genieße den Tanz des Alltags, denn du machst es genau richtig, genauso wie du bist.
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